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Österreich Austrofaschismus 1934 – 1938 | Steckbrief

Österreich Austrofaschismus: 


Österreich Austrofaschismus 1934 bis 1938
 

Der Austrofaschismus dauerte von 1934 bis 1938 und markierte eine Phase autoritärer Herrschaft in Österreich, die nach der Ausschaltung des Parlaments durch Bundeskanzler Engelbert Dollfuß begann.

Die Verfassung von 1934 schuf einen Ständestaat, der auf autoritären Prinzipien beruhte und in enger Zusammenarbeit mit der Vaterländischen Front regiert wurde.

Mit dem Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland am 12. März 1938 endete diese Ära abrupt, als Österreich seine Unabhängigkeit verlor.

Auch interessant: Österreich 1. Republik

 

1. Allgemeine Informationen

Staatsform: Autoritärer Ständestaat (Austrofaschismus)

Zeitraum: 1934 – 1938

Offizieller Name: Bundesstaat Österreich

Hauptstadt: Wien

Fläche: ca. 83.878 km²

Bevölkerung: ca. 6,7 Millionen (1934)

Währung: Österreichischer Schilling

Amtssprache: Deutsch

Nachbarstaaten: Deutschland, Italien, Ungarn, Jugoslawien, Tschechoslowakei, Schweiz

 

2. Entstehung und Namensgebung

Verfassungskrise:
Der Austrofaschismus entstand nach der Verfassungskrise von 1933, als Bundeskanzler Engelbert Dollfuß das Parlament auflöste und ein autoritäres Regime einführte.

Ständestaat:
Der neue Staat basierte auf einem Ständesystem, das die demokratischen Strukturen aufhob und durch korporatistische Vertretungen von Berufsständen ersetzte.

Namensgebung:
Offiziell hieß das Regime „Bundesstaat Österreich“, wurde jedoch oft als Austrofaschismus bezeichnet, da es Elemente des Faschismus mit österreichisch-katholischen Werten vermischte.

 

3. Politische und rechtliche Rahmenbedingungen

Verfassung von 1934:
Die demokratische Verfassung von 1920 wurde abgeschafft und durch eine autoritäre Verfassung ersetzt, die die Macht des Bundeskanzlers und des Präsidenten massiv stärkte.

Einparteiensystem:
Die „Vaterländische Front“ wurde zur einzigen zugelassenen politischen Partei, während die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP) und die Kommunisten verboten wurden.

Ständesystem:
Die politische Macht lag nun in den Händen von ständischen Vertretern, die Berufsfelder und soziale Schichten repräsentierten, jedoch nicht durch freie Wahlen gewählt wurden.

 

4. Wirtschaftliche und soziale Situation

Wirtschaftliche Probleme:
Österreich litt weiterhin unter den Nachwirkungen der Weltwirtschaftskrise, hoher Arbeitslosigkeit und schwacher Wirtschaftsentwicklung.

Abhängigkeit von Italien:
Unter dem Austrofaschismus suchte Österreich Schutz und wirtschaftliche Unterstützung bei Mussolinis Italien, um sich gegen den Expansionsdrang Nazi-Deutschlands zu schützen.

Soziale Unruhen:
Die Unterdrückung der Arbeiterbewegung und der Gewerkschaften führte zu großer sozialer Unzufriedenheit. Das Aufbegehren der Sozialisten wurde brutal unterdrückt.

 

5. Bedeutende politische Ereignisse

Korneuburger Eid (1930):
Die Heimwehr, eine paramilitärische Bewegung, legte den Korneuburger Eid ab, in dem sie die parlamentarische Demokratie ablehnte und sich zu einem autoritären Führerstaat bekannte. Der Eid prägte die Ideologie des Austrofaschismus und diente als Basis für den späteren Ständestaat.

Verfassungskrise und Auflösung des Parlaments (1933):
Bundeskanzler Engelbert Dollfuß löste 1933 das Parlament auf und regierte fortan autoritär, was den Beginn des Austrofaschismus markierte.

Februaraufstand (1934):
Der bewaffnete Aufstand der Sozialdemokraten und des Republikanischen Schutzbundes gegen das Regime wurde schnell niedergeschlagen. Dies markierte das Ende der parlamentarischen Demokratie in Österreich.

Mord an Dollfuß (1934):
Im Juli 1934 wurde Engelbert Dollfuß während eines missglückten Putschversuchs von Nationalsozialisten ermordet. Sein Nachfolger wurde Kurt Schuschnigg.

Römische Protokolle (1934):
Ein Abkommen mit Italien und Ungarn sicherte Österreich politische und wirtschaftliche Unterstützung von Mussolini, um den Einfluss Nazi-Deutschlands zu begrenzen.

Schuschniggs autoritäre Herrschaft (1934–1938):
Kurt Schuschnigg führte den autoritären Ständestaat nach Dollfuß’ Tod weiter. Er versuchte, Österreichs Unabhängigkeit gegen den wachsenden Druck Nazi-Deutschlands zu verteidigen, indem er sich zunehmend auf Italien und Ungarn stützte.

Berchtesgadener Abkommen (1938):
Unter starkem Druck von Adolf Hitler stimmte Schuschnigg im Februar 1938 dem Berchtesgadener Abkommen zu, das Österreich faktisch unter deutsche Kontrolle brachte, indem es Nazis Schlüsselpositionen in der österreichischen Regierung gewährte.

Anschluss an Nazi-Deutschland (1938):
Am 12. März 1938 marschierten deutsche Truppen in Österreich ein und der sogenannte „Anschluss“ wurde verkündet. Schuschnigg trat zurück, und Österreich verlor seine Unabhängigkeit, als es Teil des Deutschen Reichs wurde.

 

6. Kultur und Gesellschaft

Propaganda:
Das Regime nutzte Propaganda, um die katholisch-konservativen Werte zu fördern und die Bedeutung des Ständestaats zu unterstreichen.

Unterdrückung der Arbeiterbewegung:
Kultur- und Sozialprogramme der sozialistischen Arbeiterbewegung wurden verboten, und sozialistische Vereine, Gewerkschaften und Bildungseinrichtungen aufgelöst.

Katholische Kirche:
Die katholische Kirche spielte eine zentrale Rolle im Austrofaschismus. Das Regime versuchte, die Gesellschaft stärker nach katholischen Werten zu gestalten.

 

7. Zusammenbruch und Ende

Wachsende Isolation:
Trotz der engen Beziehung zu Italien wurde Österreich zunehmend isoliert. Italien wendete sich schließlich Nazi-Deutschland zu, was Österreichs Schutz schwächte.

Der Anschluss (1938):
Im März 1938 marschierte Hitler in Österreich ein und der Anschluss an das Deutsche Reich wurde verkündet. Das Regime endete abrupt, und Österreich verlor seine Unabhängigkeit.

 

8. Vermächtnis und Bedeutung

Politische Spaltung:
Der Austrofaschismus verstärkte die politische Spaltung in Österreich und führte zu einer weiteren Radikalisierung der Gesellschaft.

Lehre für die Zukunft:
Die autoritäre Herrschaft und der Verlust der Demokratie wurden nach dem Zweiten Weltkrieg zur Warnung, die in die Gestaltung der 2. Republik einfloss.

Internationale Isolation:
Österreichs Abhängigkeit von Italien und seine internationale Isolation machten es anfällig für den politischen Druck Nazi-Deutschlands, was zum „Anschluss“ führte.

Erbe der Unterdrückung:
Die Unterdrückung der Arbeiterklasse und der politischen Opposition hinterließ tiefe Narben in der österreichischen Gesellschaft, die lange nachwirken sollten.

 

9. Wissenswertes

Vaterländische Front:
Die Vaterländische Front war die einzige zugelassene Partei und kontrollierte alle politischen und gesellschaftlichen Aktivitäten im Staat.

Rolle der Sozialdemokraten:
Der Widerstand der Sozialdemokraten, insbesondere durch den Republikanischen Schutzbund, war eine der letzten großen Auseinandersetzungen vor dem Ende der Ersten Republik.

Hitlers Propaganda:
Hitler nutzte die Schwäche des Austrofaschismus geschickt aus, um den Anschluss zu rechtfertigen und die Eingliederung Österreichs in das Deutsche Reich als Befreiung darzustellen.

 

10. historische Persönlichkeiten:

Engelbert Dollfuß

Position: Bundeskanzler von Österreich (1932–1934)

Bedeutung: Dollfuß war der Architekt des Austrofaschismus und löste 1933 das Parlament auf, bevor er 1934 bei einem nationalsozialistischen Putschversuch ermordet wurde.

 

Kurt Schuschnigg

Position: Bundeskanzler von Österreich (1934–1938)

Bedeutung: Schuschnigg führte das autoritäre Regime nach Dollfuß’ Ermordung weiter und versuchte vergeblich, Österreichs Unabhängigkeit vor dem Anschluss an Nazi-Deutschland zu bewahren.

 

Benito Mussolini

Position: Italienischer Diktator (1922–1943)

Bedeutung: Mussolini unterstützte das austrofaschistische Regime unter Dollfuß und Schuschnigg und sah sich als Schutzherr der Unabhängigkeit Österreichs bis zur Annäherung an Hitler.

 

Adolf Hitler

Position: Führer des Deutschen Reiches (1933–1945)

Bedeutung: Hitler setzte den „Anschluss“ Österreichs durch, indem er Schuschnigg 1938 unter Druck setzte und Österreich ins Deutsche Reich eingliedern ließ.

 

Heimwehrführer Ernst Rüdiger Starhemberg

Position: Führer der Heimwehr und Vizekanzler (1934–1936)

Bedeutung: Starhemberg war eine zentrale Figur im Austrofaschismus, führte die paramilitärische Heimwehr und unterstützte den autoritären Ständestaat.

 

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