Search
Close this search box.
Search
Close this search box.

Rainer Maria Rilke Das Karussell 1906

Rainer Maria Rilke Das Karussell 1906


Rainer Maria Rilke Das Karussell 1906

Mit einem Dach und seinem Schatten dreht

sich eine kleine Weile der Bestand

von bunten Pferden, alle aus dem Land,

das lange zögert, eh es untergeht.

Zwar manche sind an Wagen angespannt,

doch alle haben Mut in ihren Mienen;

ein böser roter Löwe geht mit ihnen

und dann und wann ein weißer Elefant.

 

Sogar ein Hirsch ist da, ganz wie im Wald,

nur dass er einen Sattel trägt und drüber

ein kleines blaues Mädchen aufgeschnallt.

 

Und auf dem Löwen reitet weiß ein Junge

und hält sich mit der kleinen heißen Hand

dieweil der Löwe Zähne zeigt und Zunge.

 

Und dann und wann ein weißer Elefant.

 

Und auf den Pferden kommen sie vorüber,

auch Mädchen, helle, diesem Pferdesprunge

fast schon entwachsen; mitten in dem Schwunge

schauen sie auf, irgendwohin, herüber –.

 

Und dann und wann ein weißer Elefant.

 

Und das geht hin und eilt sich, dass es endet,

und kreist und dreht sich nur und hat kein Ziel.

Ein Rot, ein Grün, ein Grau vorbeigesendet,

ein kleines kaum begonnenes Profil –.

Und manchesmal ein Lächeln, hergewendet,

ein seliges, das blendet und verschwendet

an dieses atemlose blinde Spiel …

Das Karussell, Jardin du Luxembourg, Rainer Maria Rilke 1906