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Der Alpenkrieg | Gebirgskrieg bis 3.500 Meter

Der Alpenkrieg | Gebirgskrieg bis 3.500 Meter


Der Alpenkrieg, auch bekannt als der Gebirgskrieg, war eine der am härtesten umkämpften Fronten des Ersten Weltkriegs, die sich in den italienischen Alpen, Dolomiten und entlang der Isonzo-Front abspielte.

Der Konflikt begann im Mai 1915, nachdem Italien den Mittelmächten Österreich-Ungarn und Deutschland den Krieg erklärt hatte, und dauerte bis zum Waffenstillstand im November 1918.

In dieser extremen Umgebung kämpften Soldaten unter widrigsten Bedingungen, was diesen Teil des Krieges besonders grausam und verlustreich machte.

Zusätzliche Lernmaterialien erhältst du hier: Übungen | Übungsblätter | Merkblatt | 1. Weltkrieg

 

Der Alpenkrieg

1. Hintergrund und Ursachen: 

Italien war vor dem Ersten Weltkrieg Mitglied des Dreibundes, einem Bündnis mit Deutschland und Österreich-Ungarn. Allerdings fühlte sich Italien durch den Ausbruch des Krieges 1914 nicht verpflichtet, seinen Bündnispartnern beizustehen, da Österreich-Ungarn ohne Rücksprache mit Italien in den Krieg eingetreten war.

Stattdessen verhandelte Italien mit beiden Seiten, bevor es sich schließlich im Londoner Vertrag vom April 1915 den Alliierten anschloss, die ihm im Gegenzug für den Kriegseintritt Gebietsgewinne versprachen. Diese Gebietsgewinne umfassten unter anderem Südtirol, das Trentino und die österreichische Küste am Adriatischen Meer.

2. Geographie und Frontverlauf:

Der Alpenkrieg erstreckte sich über eine Front von etwa 600 Kilometern, die sich durch die Alpen und Dolomiten, von der Schweizer Grenze bis zur Adriaküste, zog. Die Front verlief durch hochalpine Gebiete, in denen die Soldaten auf Gletschern, in engen Bergpässen und an steilen Felswänden kämpften.

Dies machte den Alpenkrieg einzigartig unter den Fronten des Ersten Weltkriegs, da die extremen geographischen Bedingungen sowohl strategische Herausforderungen als auch außergewöhnliche körperliche Belastungen für die Soldaten mit sich brachten.

3. Die Isonzo-Schlachten:

Ein zentraler Teil des Alpenkriegs waren die zwölf Isonzo-Schlachten, die zwischen Juni 1915 und November 1917 stattfanden. Diese Schlachten, benannt nach dem Fluss Isonzo, der heute größtenteils in Slowenien liegt, waren durch italienische Offensiven gekennzeichnet, die darauf abzielten, die österreichisch-ungarischen Verteidigungslinien zu durchbrechen und Triest zu erobern.

Erste bis elfte Isonzo-Schlacht:

Die ersten elf Isonzo-Schlachten führten zu enormen Verlusten auf beiden Seiten, ohne dass nennenswerte territoriale Gewinne erzielt wurden. Die Italiener konnten kaum mehr als wenige Kilometer vorrücken, während die Österreicher ihre gut befestigten Positionen weitgehend halten konnten. Insgesamt verloren in diesen Schlachten etwa 300.000 italienische und 200.000 österreichisch-ungarische Soldaten ihr Leben.

Zwölfte Isonzo-Schlacht (Schlacht von Caporetto):

Die zwölfte und letzte Isonzo-Schlacht, auch bekannt als die Schlacht von Caporetto, war eine entscheidende österreichisch-ungarische und deutsche Offensive im Oktober 1917. Die Mittelmächte setzten innovative Taktiken wie den Einsatz von Stoßtrupps und Giftgas ein, was zur vollständigen Durchbrechung der italienischen Linien führte. Die Italiener zogen sich über 100 Kilometer zurück, und die Schlacht endete in einer schweren Niederlage für Italien mit über 300.000 Gefangenen.

4. Kämpfe in den Alpen und Dolomiten:

Während die Isonzo-Schlachten auf der östlichen Seite der Front stattfanden, tobten in den nördlichen Abschnitten des Alpenkriegs erbitterte Kämpfe in den Hochalpen und Dolomiten.

Strategische Hochlagen:

In Höhenlagen von über 3.000 Metern kämpften die Soldaten in extremen Wetterbedingungen mit Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt. Oft waren Lawinen tödlicher als der Feind; es wird geschätzt, dass rund 60.000 Soldaten durch Lawinen ums Leben kamen.

Stollenkrieg:

Beide Seiten gruben sich in die Berge ein und legten umfangreiche Stollen- und Tunnelanlagen an, um Sprengladungen unter den gegnerischen Stellungen zu platzieren. Ein bekanntes Beispiel ist der Lagazuoi-Tunnel, in dem die Italiener eine riesige Sprengladung anbrachten, die einen gesamten Berggipfel in die Luft jagte.

Gipfelkämpfe:

Viele Gipfel, wie der Ortler oder der Marmolata, waren Schauplatz brutaler Auseinandersetzungen. Die Gipfel wurden stark befestigt und dienten als strategische Beobachtungs- und Artillerieposten.

5.  Menschliche und materielle Verluste:

Der Alpenkrieg war extrem verlustreich. Insgesamt verloren etwa 1,2 Millionen italienische Soldaten und rund 1,1 Millionen österreichisch-ungarische Soldaten ihr Leben, wurden verwundet oder gerieten in Gefangenschaft.

Die außergewöhnlich schwierigen Bedingungen forderten einen hohen Tribut an Menschenleben, sowohl durch Kampfhandlungen als auch durch die Härten des Gebirgsklimas, darunter Erfrierungen, Lawinen und Krankheiten.

Die logistische Herausforderung, Truppen und Material in diese unzugänglichen Gebirgsregionen zu bringen, war immens. Es mussten Seilbahnen, Straßen und Schienenwege gebaut werden, um die Versorgung sicherzustellen. Auch der Einsatz von Maultieren und speziell ausgebildeten Gebirgstruppen war entscheidend für den Verlauf des Krieges.

6. Col di Lana/Monte Sief:

Der Col di Lana, zusammen mit dem benachbarten Monte Sief, ist einer der bekanntesten Schauplätze des Alpenkriegs und wird oft als Symbol für die Brutalität und Sinnlosigkeit der Gebirgskriegsführung angesehen. Diese Berge, die in den Dolomiten nahe der Frontlinie zwischen Italien und Österreich-Ungarn liegen, waren während des Krieges hart umkämpft.

Strategische Bedeutung:

Der Col di Lana und der Monte Sief boten strategisch wichtige Positionen mit einem weiten Blick über das umliegende Gelände, was sie zu einem begehrten Ziel für beide Seiten machte. Die Italiener sahen die Kontrolle über diese Berge als entscheidend an, um die österreichisch-ungarischen Verteidigungslinien zu durchbrechen und weiter ins Trentino vorzudringen.

Stollenkrieg:

Der Kampf um den Col di Lana war geprägt von intensiven Stollenkriegen. Die Italiener gruben sich monatelang in den Berg, um unter den österreichisch-ungarischen Stellungen eine riesige Sprengladung zu platzieren. Am 17. April 1916 zündeten sie 5.000 Kilogramm Sprengstoff, der den Gipfel des Col di Lana in die Luft sprengte und zahlreiche österreichisch-ungarische Soldaten tötete. Diese Explosion, die als eines der verheerendsten Ereignisse des Gebirgskriegs gilt, verwandelte den Gipfel in einen Krater und sicherte den Italienern die Kontrolle über den Berg.

Nachwirkungen:

Trotz der Eroberung des Col di Lana gelang es den Italienern nicht, einen entscheidenden Durchbruch zu erzielen. Die Kämpfe gingen weiter, und die hohen Verluste auf beiden Seiten standen in keinem Verhältnis zu den geringen territorialen Gewinnen. Der Col di Lana wurde nach dem Krieg als „Blutberg“ bekannt, da hier tausende Soldaten ihr Leben ließen.

7. Ortler: Der höchste Kriegsschauplatz Europas:

Der Ortler, der höchste Berg Südtirols und mit 3.905 Metern der höchste Gipfel im österreichisch-ungarischen Kaiserreich, war ein weiterer symbolträchtiger Schauplatz des Alpenkriegs. Die Kämpfe am Ortler fanden in extremer Höhe statt und stellten die Soldaten vor einzigartige Herausforderungen.

Höhenkriegsführung:

Der Ortler war Schauplatz des höchstgelegenen Kriegs der Geschichte. Auf seinen Gipfeln und in den umliegenden Gletschern errichteten sowohl die österreichisch-ungarischen als auch die italienischen Truppen Stellungen und Beobachtungsposten. Diese Positionen waren von strategischer Bedeutung, da sie die Kontrolle über das Vinschgau und die Passstraßen nach Norden ermöglichten.

Extreme Bedingungen:

Die Soldaten kämpften unter extremen Wetterbedingungen mit Temperaturen, die im Winter oft weit unter -30 °C fielen. Ständige Lawinengefahr, Sauerstoffmangel und die Isolation der hochgelegenen Stellungen machten den Dienst am Ortler besonders gefährlich. Viele Soldaten starben nicht durch Kampfhandlungen, sondern durch Erfrierungen, Lawinen oder die schwierigen Lebensbedingungen.

Tunneln und Stollen:

Ähnlich wie am Col di Lana gruben beide Seiten auch am Ortler Stollen und Tunnel, um ihre Stellungen zu sichern und Vorräte zu transportieren. Die Versorgung der Truppen auf diesen Höhen erfolgte oft nur über gefährliche Klettersteige oder primitive Seilbahnen.

Symbolik:

Der Ortler wurde zum Symbol für die Unnachgiebigkeit und den Mut der Gebirgstruppen, die unter extremsten Bedingungen kämpften. Die Stellungen am Ortler wurden bis zum Kriegsende gehalten, und die Überreste dieser Stellungen sind heute noch sichtbar.

Bedeutung und Erinnerung:

Die Schlachten am Col di Lana/Monte Sief und am Ortler verdeutlichen die extremen Bedingungen, unter denen der Alpenkrieg geführt wurde. Sie stehen symbolisch für die Härte des Gebirgskriegs und die Sinnlosigkeit vieler militärischer Opfer, da selbst schwer erkämpfte Erfolge oft keine entscheidenden strategischen Vorteile brachten.

 

8. Folgen und Bedeutung:

Der Alpenkrieg endete mit dem Waffenstillstand von Villa Giusti im November 1918, der das Ende der Kampfhandlungen an der italienischen Front markierte. Italien konnte einige der im Londoner Vertrag zugesagten Gebiete annektieren, darunter Südtirol und das Trentino. Die Grenzen wurden nach dem Krieg neu gezogen, was langfristige ethnische Spannungen, insbesondere in Südtirol, zur Folge hatte.

Der Alpenkrieg hinterließ eine Landschaft, die bis heute von den Spuren des Konflikts gezeichnet ist. Überreste von Stellungen, Stollen und Schützengräben sind noch immer in den Bergen zu finden. In vielen dieser Gebiete wurden Freilichtmuseen eingerichtet, die an die Schrecken des Gebirgskriegs erinnern.

 

9. Wichtige historische Persönlichkeiten:

Luigi Cadorna (1850–1928):

Cadorna war der italienische Generalstabschef während des größten Teils des Alpenkriegs. Er führte die italienischen Streitkräfte in einer Serie von Schlachten, insbesondere in den Isonzo-Schlachten. Cadorna war für seine strenge Disziplin und seine Strategie, die oft zu hohen italienischen Verlusten führte, umstritten.

 

Svetozar Boroević von Bojna (1856–1920):

Boroević war ein Feldmarschall in der österreichisch-ungarischen Armee und einer der führenden Kommandanten an der Isonzo-Front. Er galt als ein brillanter Verteidigungsstratege und trug wesentlich dazu bei, dass die italienischen Angriffe an der Isonzo-Front abgewehrt wurden.

 

Conrad von Hötzendorf (1852–1925):

Franz Conrad von Hötzendorf war der Chef des Generalstabs der österreichisch-ungarischen Armee. Er war einer der Hauptstrategen der Mittelmächte an der italienischen Front und spielte eine wichtige Rolle bei der Planung und Durchführung der Verteidigung im Hochgebirge.

 

König Viktor Emanuel III. (1869–1947):

Viktor Emanuel III. war der König von Italien während des Ersten Weltkriegs. Obwohl er selbst kein Militärkommandeur war, spielte er eine wichtige symbolische Rolle als Staatsoberhaupt und unterstützte aktiv den Kriegseinsatz, indem er häufig die Front besuchte, um die Truppen zu ermutigen.

 

Giulio Douhet (1869–1930):

Douhet war ein italienischer General und Militärtheoretiker, der eine wichtige Rolle in der italienischen Luftfahrt während des Alpenkriegs spielte. Er war ein Pionier der Theorie des strategischen Bombenkriegs und trat für den Einsatz der Luftwaffe zur Unterstützung der Bodentruppen im Gebirgskrieg ein.

Diese Persönlichkeiten hatten maßgeblichen Einfluss auf die Strategien und den Verlauf des Gebirgskrieges in den Alpen während des Ersten Weltkriegs.

 

Schlussfolgerung:

Der Alpenkrieg war eine der ungewöhnlichsten und brutalsten Fronten des Ersten Weltkriegs. Er verdeutlichte die extremen Herausforderungen des Krieges in hochalpinen Regionen und die immensen menschlichen und materiellen Verluste, die damit verbunden waren.

Die Kombination aus schwierigen geographischen Bedingungen, innovativen Kriegstaktiken und der immensen Opferbereitschaft der Soldaten machte den Alpenkrieg zu einem der härtesten Kapitel des Ersten Weltkriegs.

 

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